Ich habe lange keinen Blog-Artikel veröffentlicht. Anfang letzten Jahres hatte ich 2 Artikel geschrieben, sie allerdings leider nie wirklich finalisiert, geschweige denn gepostet. Und dann, ja dann kam das Leben zurück 😉.
Aber ganz im Ernst: im Januar letzten Jahres hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, nicht mehr gar so vorsichtig sein zu müssen. Zum Einen war jetzt Omikron da und ich dachte „ok, diese Variante scheint wirklich deutlich weniger gefährlich zu sein“ und zum Anderen merkte ich, dass meine Seele langsam einfach wieder Gemeinschaft brauchte. Treffen mit echten Menschen, ohne Bildschirm dazwischen. Umarmungen und Wärme von Freunden. Nicht, dass ich jetzt sofort zu Großveranstaltungen ging, aber Treffen mit Freunden in einem gewissen Rahmen waren für mich, gefühlt, langsam genauso überlebenswichtig, wie die Vorsicht in Bezug auf das böse Virus.
Apropos Großveranstaltungen: ich hatte tatsächlich das Problem, dass in der Woche nach Ostern eine Großveranstaltung stattfinden sollte, auf der wir mit einer meiner Bands eine ganze Woche lang täglich Musik machen sollten. Diese Veranstaltung brachte schon ein mulmiges Gefühl mit sich. Wir hatten die Zusage schon im November 2021 machen müssen und ich hatte wohl gehofft, dass die Lage zu dieser Zeit recht beruhigt sei. Und falls nicht, dass die Veranstaltung doch wieder abgesagt werden müsste. Nun kam diese Woche allerdings immer näher und gefühlt hatten immer mehr Menschen um mich herum Corona – eine Absage blieb allerdings aus. Je näher der Termin kam, umso mulmiger fühlte ich mich. Aber plötzlich hatte das Virus auch mich erwischt. Ganz ohne Großveranstaltung. In diesem Moment war ich tatsächlich gleichzeitig erleichtert und nervös. Zum einen war ich schon VOR der Großveranstaltung krank (und nahm nicht Kamikaze mäßig daran teil). Somit erhoffte ich mir, während dieser Zeit dann immun zu sein, und weder mich noch andere anzustecken. Zum anderen wusste ich aber ja trotzdem nicht, was auf mich zukommen würde, wie stark mich diese Krankheit mitnehmen würde.
Aber Gott sei Dank hatte ich einen wirklich sehr sehr milden Verlauf und fühlte mich nach 2-3 Tagen wieder recht fit. So konnte also die Großveranstaltung kommen und in Bezug auf Corona musste ich mir keine Gedanken mehr machen… Dafür umso mehr in Bezug auf meine Stimme. Das war auch der Grund, weshalb ich in den 2-3 Nächten vor Beginn der Sause schlecht bis gar nicht schlafen konnte. Nachdem ich dachte, meine Stimme müsste ja besonders ausgeruht und ich besonders entspannt sein, um gut singen zu können, entwickelte sich ein böser Teufelskreis.
Dementsprechend war mein erster Tag auf der Bühne überhaupt nicht entspannt. Er endete später sogar in Tränen. Ich musste mir eingestehen, dass es gerade einfach NICHT möglich war Frontfrau zu sein und Hauptstimme zu singen. Ich schämte mich so sehr für meine Stimme, dass ich die restliche Woche unbedingt in der 2. Reihe stehen wollte. An diesem etwas versteckten Platz als Backing Vocal konnte ich dann allerdings etwas durchatmen und so langsam trotzdem Spaß am gemeinsamen Musizieren haben – auch wenn es mir immer wieder das Herz brach.
Nach unserem musikalischen Einsatz kam auch schon DAS Großprojekt des Jahres in riesigen Schritten auf uns zu: Renovierung und Umzug… Die Arbeit an sich kam wie eine große herausfordernde Wand auf mich zu, aber das Visionieren, das Planen, das Gestalten, das Einrichten, etc., das entsprach alles meiner DNA. Ich liebe es Orte und Räume schön zu machen. Farben und Stile abzustimmen, Altes und Neues zu mischen, Unkonventionelles zu wagen und mich am Ende unglaublich wohlzufühlen. Ich brauche ein ästhetisches Zuhause. Außerdem muss es bei mir gemütlich sein. Mein Zuhause soll Geborgenheit und Liebe ausstrahlen. Ich brauche diesen Ort als Rückzugsort, zum Runterkommen und Entspannen. Aber auch jeder Gast, der mich besuchen kommt, soll sich bei mir wohlfühlen und gerne hier verweilen. Ich spreche viel von mir, muss aber betonen, dass Benny und ich nicht nur in diesem Bereich ein Dream-Team sind und uns wunderbar ergänzen. Wenn ich Ideen habe, perfektioniert Benny diese und wenn Benny Ideen hat, werden sie durch meine Akzente zum Sahnehäubchen. Oh man, jetzt aber Schluss mit dem Eigenlob :D. Ich muss nur einfach feststellen, dass ich mich in unserem neuen Zuhause auch zuhause fühle und es meinen Ansprüchen gerecht wird. Soweit der schöne Teil.
Die Renovierungsarbeiten und der Umzug umfassten gute 2 Monate, in denen ich nicht auf meinen Körper hören konnte. Alles, was ich in den letzten 2,5 Jahren mühsam gelernt hatte, wurde nun kurzzeitig wieder über Bord geworfen. Es waren Monate, in denen ich einfach funktionieren musste, weil der straffe Zeitplan mir keine andere Wahl lies. Wenn mein Körper sagte „Ruh dich aus!“, hab‘ ich weiter Tapeten abgekratzt, weiter gestrichen, weiter gepackt, weiter geschleppt, weiter die alte Wohnung geputzt. Und ich hatte wirklich Schiss, wie das Ganze ausgehen würde. Was würde dieser Stress auslösen? Konnte mein Körper das alles einfach so wegstecken?
Nachdem der Umzug vorbei war, war ich einfach unglaublich dankbar. Mein Körper hatte diese viele harte Arbeit tatsächlich geschafft. Ich war nicht zusammengebrochen, nicht krank geworden, hatte keinen „Fatigue-Überfall“ erlebt. Vielleicht konnte mein Körper doch wieder mehr leisten, als ich ihm zutraute?
Die nächste Routine-Untersuchung stand an. Eine Woche später bekam ich die Nachricht, dass sich meine Lupus-Blutwerte verschlechtert hätten und ich meine MMF Dosis wieder erhöhen sollte. Ich war beunruhigt. In Bezug auf die Nieren schien aber alles in Ordnung zu sein. Ich hatte auch keine neuen oder stärkeren Symptome. Hatte mein Körper den Umbau und Umzug doch nicht ganz unbeschadet überstanden? Zeitgleich gab es eine weitere gesundheitliche Baustelle: meinen Darm. Eine neue Diagnose steht im Raum…
„Geht es dir wieder gut?“ Oder wie ich chronisch Kranke (und andere Leidende) unterstützen kann.
Hast du dich schon einmal überfordert gefühlt, weil eine wichtige Person in deinem Leben plötzlich eine unheilbare Krankheit diagnostiziert bekommen hat, oder einen geliebten Menschen verloren hat? Wie gehe ich mit so einer Situation um? Was sage ich? Wie kann ich helfen? Und zwar am Besten ohne diese Person zu verletzen? Wie kann ich vermitteln, dass ich für sie da sein will? …
Alles schwierige Fragen, die total berechtigt sind und die wahrscheinlich jeder Mensch, dem es gerade schlecht geht und den man fragen würde, unterschiedlich beantworten würde. Trotzdem glaube ich, dass es es ein paar grundsätzliche Tipps gibt, die ich in diesem Beitrag gerne ansprechen will.
Ich erinnere mich an meine erste Zeit im Krankenhaus und an die Monate danach. In den ersten Wochen gab es unglaublich viel Anteilnahme von allen Freund*innen und Bekannten. Ich bekam sehr viel Besuch und unzählig viele Geschenke und Karten, liebe Worte, Nachrichten und Anrufe. Das Alles hat mir natürlich richtig gut getan und mir durch die Zeit im Krankenhaus geholfen. Dann wurde ich entlassen und ich erwartete selbst, dass es mir innerhalb weniger Wochen wieder gut gehen würde – die Medikamente würden bestimmt helfen und dann würde es mir bald wieder richtig gut gehen. Die Symptome, die ich seit Jahren hatte, hatten ja jetzt endlich eine Ursache und sollten mit der Wirkung der Medikamente verschwinden. Weiterhin fragten viele meiner Freunde regelmäßig nach, wie es mir ginge. Anfangs war es ein Auf und Ab, aber wir warteten alle auf den Moment, an dem meine Antwort endlich „sehr gut“ sein würde. Je länger sich dieser Moment hinauszögerte und je mehr ich selbst realisierte, dass eventuell doch nicht so schnell „alles wieder gut“ sein würde, desto weniger wurde ich auch nach meinem Wohlergehen gefragt. Das ist ganz natürlich! Je länger etwas geht und je weniger es Aussicht auf Verbesserung gibt, desto weniger wissen wir, wie wir positiv reagieren können, wie wir Hoffnung vermitteln sollen und was wir überhaupt sagen sollen.
Und bitte versteht das jetzt nicht falsch: ich bin wirklich niemandem böse! Ich weiß selbst, wie unsicher ich mich in solchen Situationen gefühlt habe. Als der große Bruder einer meiner besten Freundinnen tödlich verunglückte, war ich total überfordert. Ich wollte für sie da sein, war aber genau in dieser Zeit mit meiner Band unterwegs. Deshalb versuchte ich sie regelmäßig anzurufen, um ihr zu zeigen, dass sie mir wichtig ist. Ich wusste aber nicht, was ich sagen sollte, wie ich ihr Kraft und Hoffnung und Trost geben sollte. Und durch das beschissene Telefon konnte ich sie ja auch nicht einfach in den Arm nehmen! Ich hab keine Ahnung mehr, was ich damals gestammelt hab. Ich hab keine Ahnung, ob ich nicht ganz viel dummes Zeug gesagt hab, und ihr am Ende mehr geschadet hab, als ihr zu helfen… Ich weiß eigentlich nur, dass es mein großer Wunsch war, dass es ihr ganz bald wieder gut geht. Oder zumindest besser. Aber vielleicht war genau das auch ein Problem! Trauernde brauchen Zeit zum Trauern, zum Weinen und traurig sein. Und zwar genug Zeit – so viel Zeit, wie sie benötigen.
In dieser Hinsicht geht es chronisch Kranken und Trauernden vielleicht ähnlich. Chronisch Kranke trauern nämlich in gewisser Weise auch: um ihre Gesundheit. Und vielleicht um das Leben, das sie nicht mehr so weiterführen können, wie bisher. Auch sie benötigen Zeit, um das zu realisieren, sacken zu lassen und damit klar zu kommen. Und natürlich wünscht sich jeder, wünschen wir uns alle, dass es unseren Lieben so bald wie möglich wieder gut geht. Das ist auch gut so! Aber es ist auch wichtig zu vermitteln, dass es ok ist, wenn es der betroffenen Person nicht gut geht. Auch wenn es ihr wirklich lange nicht gut geht!
Und damit soll es auch endlich konkret werden. Hier ein paar Punkte, die bei einer Freundschaft mit chronisch Kranken helfen können:
Die Bereitschaft für diese Person da zu sein Diese Bereitschaft kannst du nur vermitteln, indem du in Verbindung bleibst! Zum Beispiel, indem du anrufst oder dich auf eine andere Art und Weise meldest und immer wieder Anteil und Interesse zeigst. Es ist also natürlich extrem kontraproduktiv, sich zurückzuziehen und sich nicht mehr zu melden, auch wenn du dich überfordert fühlst, oder Angst hast jemanden zu verletzen. Denn ich glaube, dass Freund*innen, die in irgendeiner Weise leiden, gern mal Fehler und Tritte ins Fettnäpfchen verzeihen, gerade wenn sie merken, dass sie dir wirklich wichtig sind. Ich bin mir sicher, dass das auch dann der Fall ist, wenn sie sich durch eine Aussage von dir sehr verletzt fühlen. In diesem Fall unbedingt Punkt 2 beachten:
Redet offen miteinander Wie in jeder anderen Beziehung ist es wichtig, offen miteinander zu reden. So kannst du in Situationen, in denen du einfach nicht weißt, was du sagen oder machen sollst, ganz ehrlich gestehen: „Ich weiß jetzt überhaupt nicht, was ich dazu sagen soll. Wie ich dich vielleicht trösten könnte.“ Dieser Satz kann sogar das Beste sein, was du sagen kannst! Vielleicht weiß die leidende Person in diesem Moment selbst nicht, was sie sagen soll oder von dieser Situation halten soll und fühlt sich damit verstanden. Oder frage nach: „Was wünschst du dir jetzt? Gibt es irgendetwas, womit ich dir helfen kann, oder dir eine Freude machen kann?“ Außerdem ist es wichtig, dass du offen dafür bist, dass Betroffene dir sagen dürfen, inwieweit deine Aussagen oder Handlungen verletzend waren. Auf der anderen Seite musst du auch acht auf dich selbst geben! Gerade Menschen, die ein feines Gespür dafür haben, wie es anderen geht, und welche Bedürfnisse sie haben, können schnell in einen Sog der „aufopfernden Bezugsperson“ kommen. Das führt oft dazu, dass man das Gefühl hat für die betroffene Person verantwortlich zu sein, weil es der ja so schlecht geht, und man alles tun muss, um ihr zu helfen. In diesem Eifer gibt man alles für den mir wichtigen Menschen, ohne eigne Grenzen und Bedürfnisse zu beachten und zu respektieren. Solche Situationen führen dann leider oft zum (jähen und umso schmerzhafteren) Ende der Freundschaft, wenn der/die aufopfernde Freund*in die Last irgendwann nicht mehr tragen kann. Es ist also wichtig zu kommunizieren, wenn dir etwas zu viel wird, wenn du Zeit für dich brauchst, wenn du irgendwelche Wünsche nicht erfüllen kannst oder Hilfen nicht leisten kannst. Wir sind alle Menschen, die Fehler machen und Bedürfnisse und Grenzen haben. Gerade deshalb ist es wichtig, genau darüber zu reden, Verständnis zu zeigen und gnädig mit anderen und sich selbst zu sein!
Zuhören und Mitgefühl zeigen, anstatt Tipps zu geben Wenn dir die betroffene Person ihr Leid klagt, braucht sie in den wenigsten Fällen Tipps, wie man dieses Leid lindern könnte. Wenn dir also jemand erzählt, dass er oder sie Rückenschmerzen hat, will die Person höchstwahrscheinlich nicht hören, ob sie schon probiert habe, ihre Rückenmuskulatur zu stärken o.ä.. Meistens wurde schon alles (Un-)Mögliche versucht, um das Leid zu lindern. Gerade in frommen Kreisen wird gerne gefragt, ob man schon gebetet hätte und daraufhin doch bestimmt eine Besserung eingetreten sein müsste. So nett diese Fragen auch gemeint sind, würde ich dringend raten darauf zu verzichten, da sie eher ein Gefühl von Versagen vermitteln, als hilfreich zu sein. Was natürlich nicht heißt, dass du deine Freund*innen nicht in deine Gebete einschließen darf! Dann gibt es allerdings noch die Menschen (zu denen ich auch gehöre), die aufpassen müssen, dass sie das Leid von Freunden nicht zu ihrem eigenen Leid machen. Natürlich dürfen und sollen wir Mitgefühl zeigen und Leidende auf ihrem Weg unterstützen. Aber wenn man dann so sehr unter der Situation leidet, als ob man selbst betroffen wäre, geht das eindeutig zu weit! In diesem Fall kann man auch keine Hilfe mehr sein. Wenn du also sehr sensibel bist und mit anderen tief mitfühlst, musst du dringend auf deine Seele achten, die eigenen emotionalen Grenzen akzeptieren, und aufpassen, dass du dich nicht zu sehr mit den Gefühlen der kranken Person identifizierst.
„Willst du darüber sprechen, wie es dir geht?“ An manchen Tagen sind chronisch Kranke einfach überfordert. Überfordert von irgendwelchen Symptomen, von diffusen Gefühlen, oder sie haben schlicht keine Kraft darüber zu sprechen, wie es ihnen geht. Deshalb ist es oft besser zu fragen, ob die Betroffenen überhaupt über ihr Befinden sprechen wollen, oder in diesem Moment eher nicht. Falls sie das nicht wollen, ist es vielleicht eine gute Idee, sich ein „Ablenkungsmanöver“ zu überlegen. Wobei wir beim nächsten Punkt wären:
Miteinander Lachen Manchmal ist die beste und schönste Hilfe für einen Menschen von seinen Sorgen, Ängsten oder Schmerzen abgelenkt zu werden. Dafür gibt es natürlich viele Möglichkeiten: zusammen einen lustigen Film schauen, an frühere lustige und schöne Momente denken (zB indem man gemeinsam Fotos anschaut), irgendwas verrücktes Neues ausprobieren, Pyjama Party, Beauty Night mit Gesichtsmasken, gegenseitige Massagen, Nägel lackieren… (Keine Ahnung, was das männliche Pendant dazu wäre ;)). Oder auch gemeinsam Pizza bestellen, zu einem Whiskey-Tasting gehen (falls Alkohol ok ist), oder selber eines machen, bzw. wahrscheinlich gibt es mittlerweile auch irgendwelche virtuellen Tastings :). Eine weitere Möglichkeit wäre ein schöner Ausflug, falls das kräftemäßig drin ist, bzw. zu versuchen den Ausflug so zu organsieren (mit Rollstuhl o.ä.), dass die kranke Person ohne große Anstrengung daran teilhaben kann. Mit etwas Kreativität kann man auf viele gute Ideen kommen. Ich muss hier allerdings anmerken, dass du dir immer bewusst sein musst, dass Verabredungen oder Ausflüge schnell zu viel und zu anstrengend für chronisch Kranke werden können. Das bedeutet, dass es wichtig ist, flexibel zu sein, auch wenn man einen schönen Ausflug aufwendig geplant hat, ihn auf einen späteren Termin verschieben zu können. Somit wissen die Betroffenen, dass es nicht schlimm wäre, falls es am vereinbarten Termin dann doch nicht klappen sollte, weil es ihnen einfach zu schlecht geht. Alternativ könnte man dann einfach leckeres Essen bestellen und einen gemütlichen Abend Zuhause verbringen, oder (je nachdem, wie es um die Person steht) telefonieren, oder einfach ein gutes Essen vorbei bringen und einen warmen Tee o.ä. ans Bett oder Sofa stellen, was eine besonders große Hilfe ist, wenn die Betroffenen allein leben.
Das waren jetzt viele Gedanken und Anregungen und ich hoffe, dass du dich nicht überfordert fühlst, sondern neue Motivation bekommen hast, deine Freundschaften mit Kranken oder Trauernden zu pflegen. Meine Anregungen sollen keine Angst machen, sondern Tipps und Hilfen sein, gerade in Situationen, ich denen du vielleicht gerade nicht weißt, was du tun sollst.
Um es noch einmal zu betonen: am wichtigsten ist es, dich zu melden und Kontakt zu halten und offen und ehrlich miteinander zu reden. Dann muss man auch keine Angst davor haben, Fehler zu machen, oder sich gegenseitig zu über- oder unterfordern. 🙂
Zum Schluss möchte ich noch ein paar Anregungen geben, wie so ein „Kontakt halten“ konkret aussehen könnte:
einfach mal anrufen und fragen, wie der Tag war und ob die Person darüber reden möchte, wie es ihr geht
nach einem Arzttermin nachfragen, wie es war
falls man andere Betroffene mit ähnlichen Problemen kennt, Kontakte herstellen (natürlich nur, falls gewünscht :))
kleine Geschenke, wie eine Karte oder etwas Leckeres, was den Betroffenen schmeckt, machen immer Freude
nach einer Einladung beim Aufräumen und Abspülen helfen
Ermutigung: Sage Betroffenen, was du an ihnen schätzt und magst. Sie bekommen durch viele Einschränkungen und teilweise wenige Kontakte oft kaum Anerkennung und Wertschätzung.
Und die folgende Punkte sind besonders wichtig für Betroffene, die alleine leben:
anbieten Einkäufe zu übernehmen
Mitfahrmöglichkeiten anbieten
Hilfe im Haushalt anbieten
Unterlagen von Behörden und Ärzten/Krankenkassen gemeinsam durchgehen
Diese Kontakt-Ideen und weitere Inspirationen für diesen Artikel habe ich übrigens aus dem Buch „Wie ein Schmetterling im Käfig. Perspektiven für ein Leben mit chronischer Krankheit.“ von Frauke Bielefeld, das ich sehr empfehlen kann. Es ist hauptsächlich für chronisch Kranke geschrieben, aber auch teilweise an deren Familien und Freunde, sowie Therapeuten und Ärzte gerichtet. Es gibt einen sehr guten und ehrlichen Einblick in das Leben einer chronisch Kranken und viele praktische Hilfestellungen in Hinsicht auf alle möglichen Bedürfnisse, die ein Mensch haben kann und hat somit einen sehr ganzheitlichen Ansatz.
Damit komme ich auch zum Ende und freue mich über Kommentare mit Ideen von dir, was man noch alles machen kann, um chronisch Kranke zu unterstützen, bzw. was du, als Betroffene/r, dir von deiner Familie und deinen Freunden wünschst. Oder berichte gerne auch von schönen Erlebnissen, die du zu diesem Thema hattest.
In diesem Sinne: lasst uns Inklusion leben und stay connected and spread the love! <3
Leider waren meine „Krankheitsgeschichten“ im Juli noch nicht abgeschlossen. Im Juli und August ging es mir meistens recht gut, und wir genossen u.a. auch eine sehr schöne Wanderung bei uns im Fichtelgebirge. Ende August erlebte ich zum ersten Mal fast eine ganze Woche Fatigue. Das war eine ziemliche Herausforderung. Man ist nicht krank, hat aber tagelang keine Kraft, um irgendetwas nennenswertes zu machen. Ich fragte mich, ob das wieder aufhören würde, ob mein Gesundheitszustand je wieder stabiler werden würde und wie es denn werden würde – in dem Moment, in dem ich gerade wieder anfangen wollte mit dem Arbeiten. Mein erster Arbeitstag lag genau in dieser Fatigue-Woche. Ich überstand den Tag trotzdem relativ gut und war froh, dass ich am ersten Tag erst etwas später kommen sollte. Ich überlegte, ob ich mich so schwach fühlte, weil ich mir in dieser Zeit besonders viele Sorgen über die finanziellen Umstände und über die Zukunft gemacht hatte, wie zB meine Rente usw. Auch wenn man diese Zusammenhänge wohl nie wirklich beweisen kann, ist festzustellen, dass jegliche Art von Stress und Sorgen die Gesundheit negativ beeinträchtigen können. Auch relativ plötzlich.
Nur eine Woche später war die Hochzeit einer lieben Freundin, die wir musikalisch mitgestalteten. Ganz anders als sonst. Ich spielte Klavier und Synthies und sang nur 2. Stimme, so gut es ging. Eine Freundin und mein Bruder übernahmen den Hauptgesang. Ich war extrem aufgeregt (bin ich immer, wenn ich vor Publikum Klavier spiele) und wir übten oft (was ich für solche außergewöhnlichen Konzerte dringend brauche, damit ich mich halbwegs sicher fühle). Aber, Gott sei Dank, hat alles geklappt und wir hatten alle eine sehr schöne Hochzeit. Das Wochenende war recht voll und am Montag ging es gleich weiter. Wir putzten das Ferienhaus meiner Schwiegereltern und übergaben es an die nächsten Mieter, da Bennys Eltern zu der Zeit im Urlaub waren. Am Dienstag arbeitete ich und am Mittwoch früh fühlte ich mich schon sehr schlapp. Ich hatte einen Termin bei meiner Logopädin, den ich natürlich trotzdem wahrnahm und danach waren wir zum Mittagessen bei Bennys Bruder eingeladen. Tja, das Alles war wohl doch etwas viel des Guten gewesen. Am Mittwoch Abend ging es mir richtig schlecht. Ich bekam Fieber. Nicht sehr hoch und auch nicht sehr lang, am nächsten Morgen fühlte ich mich schon etwas besser. Meine Hausärztin war gerade im Urlaub, also schrieb ich mal wieder meinem Nephrologen eine eMail. Er meinte, ich solle erst mal nichts unternehmen, solange das Fieber und/oder die Muskelschmerzen nicht schlimmer würden. Bis zum Wochenende ging es mir deutlich besser und ich dachte, dass ich den Mist diesmal recht schnell überstanden hätte. Mööp. Zu früh gefreut. Am Montag ging es erst so richtig los. Montag Abend knapp 39 Fieber. Benny machte mir Wadenwickel, Stirn kühlen… Nichts half. Das Fieber ging über Stunden nicht weg. Erst mit Tabletten (die ich eigentlich vermeiden wollte), wurde es nach einiger Zeit endlich besser! Deshalb dachte ich, dass ich jetzt wohl wieder ins Krankenhaus muss. Eine Vorstellung, die immer wieder leichte Panik in mir aufkommen lässt. Auch wenn ich nicht ganz genau weiß, warum. Also packte ich am Dienstag früh meine Sachen fürs Krankenhaus zusammen und rief meinen Arzt an. Der meinte aber, dass ich nicht ins Krankenhaus kommen sollte, sondern zu ihm in die Ambulanz zum Blutabnehmen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie glücklich ich war, dass er mich nicht ins Krankenhaus geschickt hat :D! Am Donnerstag bei der Untersuchung erklärte er mir, dass er, soweit möglich, eine stationäre Behandlung bei mir vermeiden möchte, da er Bedenken hätte, dass ich mich im Krankenhaus mit Corona infizieren könnte. Ich war ihm sehr dankbar für seine Offenheit und deshalb umso erleichterter, nicht ins Krankenhaus zu müssen, nachdem meine Blutwerte auf einen normalen Infekt deuteten.
Ganz ehrlich: ich bin extrem dankbar, dass mich dieser Nephrologe behandelt. Ich hatte im letzten Jahr mehrfach das Gefühl, dass Ärzte Angst vor mir oder vor Behandlungen allgemein hatten. Und das nicht nur, wenn ich Corona ähnlicheSymptome hatte. Ich will niemandem einen Vorwurf machen, ich fühle mich selbst ja auch oft ängstlich und von der Situation überfordert. Aber ich möchte hervorheben, dass mein Nephrologe mir immer einen Termin gegeben hat, nie Angst hatte sich anzustecken und mich mal lieber schnell ins Krankenhaus geschickt hat, damit er keinen Aufwand o.ä. mit mir hat. Somit hat er mich im letzten Jahr mehrfach vor einem unnötigen Krankenhaus-Aufenthalt „gerettet“ und mir einige Röntgenstrahlen und Antibiotika-Behandlungen erspart. Das schätze ich enorm.
Aber zurück zum Infekt: den konnte ich tatsächlich mit Geduld aussitzen, ohne weitere Maßnahmen. Nach insgesamt ca. 2 Wochen, fühlte ich mich wieder fit genug zu arbeiten und konnte langsam wieder am normalen Leben teilhaben. Gerade rechtzeitig für Bennys Geburtstag, den wir im engen Freundes- und Familienkreis feierten. Nach der Feier hatte ich allerdings nochmal mit Fatigue zu kämpfen… Und in diesen Tagen war ich seelisch mal wieder ein einem Tiefpunkt angekommen. Es war so schwer damit klar zu kommen, dass ich ständig krank werden könnte. Und dass so ein leichter Infekt, den ich noch bis vor einem Jahr vielleicht gar nicht weiter bemerkt hätte, mich 2 Wochen oder länger flach legen konnte. Und jedes Mal die Angst davor, dass es etwas Schlimmeres werden könnte. Dass ich vielleicht doch ins Krankenhaus muss und weitere böse Diagnosen anstehen…
Auch die Einsicht, dass sich meine Gesundheit immer noch nicht wirklich stabilisiert hatte, machte mir zu schaffen. Und dann kam das Gefühl dazu, dass meine Freunde langsam auch nicht mehr an mich dachten. Oder vielleicht auch einfach mit der Situation überfordert waren, weil das alles kein Ende zu nehmen schien. Ich hatte das Gefühl, dass meine Freunde mich nicht mehr mochten, sich mein Gejammere nicht mehr anhören wollten, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollten. Ich wünschte mir mehr Anrufe, mehr Nachrichten mit ehrlicher Anteilnahme. Benny versuchte ständig mich aufzuheitern und meine Gedanken mit mir differenziert zu betrachten. Ob ich mich jetzt nur so fühlte, weil es mir schlecht ging und ich vielleicht ein besonderes Aufmerksamkeitsbedürfnis hatte, aber ansonsten eigentlich alles normal war – wie immer eben, oder ob da wirklich was dran war an meinen Gefühlen. Ich weiß nicht, ob ich so richtig zu einem Ergebnis kam. Wahrscheinlich war es tatsächlich nicht viel anders als sonst. Allerdings rief mich so ziemlich am Tiefpunkt dieser Phase eine Freundin an, mit der ich zwar sehr gut befreundet bin, wir aber schon immer nur sehr sporadischen Kontakt hatten. Ich hatte sie seit meiner Zeit im Krankenhaus nicht mehr gesehen. Sie fragte mich, ob sie mich spontan besuchen kommen dürfte. Ich sagte natürlich sofort zu und freute mich riesig. Am selben Tag kamen dann spontan auch noch mein Bruder und ein anderer Freund vorbei. Wir hatten eine echt gute Zeit und extrem gute Gespräche. Zwei Tage später fragte ein weiterer Freund, ob er uns mal wieder besuchen könnte. Es war wie Balsam für meine Seele. So viele Besuche, ohne dass man Leute explizit einlädt und für sie kocht oder bäckt, waren sehr ungewöhnlich und bereiteten mir unheimlich viel Freunde. Es war, als ob Gebete oder Wünsche erfüllt wurden, die ich nie konkret ausgesprochen hatte, und ganz sicher hatte ich sie keinem meiner Freunde erzählt. Freunde zur rechten Zeit am rechten Ort können die Welt heller werden lassen und die Bekki fröhlich machen ;).
Es ging mir also wieder besser, aber trotzdem merkte ich, dass ich wirklich gut aufpassen muss. Einen Tag mal etwas mehr gearbeitet (auch wenn es sich gut anfühlte), und schon konnte es sein, dass ich am Tag darauf oder mehrere Tage kaum etwas machen konnte. Und es wurde tatsächlich etwas komplizierter durch die Tatsache, dass unsere Mitbewohnerin Anfang November auszog. Auf der einen Seite war das für mich zwar eine große Erleichterung, da ich in den letzten Monaten bemerkt hatte, dass ich durch mein vermehrtes Ruhebedürfnis lieber in keiner WG mehr wohnen wollte, um selbst bestimmen zu können, wann andere Menschen mit bei mir Zuhause sind, und wann nicht. Deshalb tat mir die neu gewonnene „Freiheit“ sehr gut. Auf der anderen Seite hatten wir dadurch deutlich mehr Kosten zu tragen, was mir wiederum innerlich Druck machte, so viel wie möglich zu arbeiten. Auch in eine kleinere Wohnung zu ziehen wäre im Moment nicht wirklich eine Option, da ich 1. (noch) keine Kraft dafür hätte und 2. uns diese Wohnung hier sehr gut gefällt und etwas vergleichbares (auch mit weniger qm) würde sogar teurer sein, als unsere jetzige Bleibe. In dieser Spannung zu leben und gleichzeitig seine Kräfte gut einzuteilen und sich nicht zu übernehmen, ist sehr herausfordernd. Trotz allem haben wir es geschafft zu zweit (es war ja schon wieder Lockdown), unser Schlafzimmer umzuziehen und unsere Wohnung umzugestalten. Nach dem Schleppen eines schweren Schranks, musste ich zwar wieder eine Zeit mit Fatigue kämpfen, aber wir haben es geschafft und schlafen nun in einem schönen, geräumigen und viel ruhigeren (weil nicht mehr zur Straßenseite hin gelegenen) Schlafzimmer, das einen begehbaren Kleiderschrank hat :).
Die Adventszeit konnte ich richtig genießen. Irgendwie schaffte ich es, mir nicht so viel Arbeitsdruck zu machen und hatte so eine ruhige Advents- und Weihnachtszeit. Ich dekorierte nach Lust und Laute, besorgte und verpackte Geschenke und das alles fast immer ohne Druck und nur, wenn ich Kraft und Muse dazu hatte. Dazu hat der Lockdown sicherlich auch einen großen Teil beigetragen… Benny und ich saßen abends am Adventskranz, manchmal mit Kinderpunsch ;), zündeten Kerzen und Räucherkerzen an und lasen gemeinsam eine besinnliche und inspirierende Geschichte. Genau so hatte ich es in meiner Kindheit geliebt. Und erst jetzt hatten wir es zum ersten Mal geschafft, diese lieb gewonnen Familientraditionen neu zu beleben.
Ich erinnerte mich an das letzte Jahr, meine Zeit im Krankenhaus, die Diagnose, den Schock, die Angst. Ich telefonierte mit meiner ehemaligen Bettnachbarin aus dem Krankenhaus und war so dankbar diese Zeit dieses Jahr so intensiv und mit relativ wenig Beschwerden genießen zu dürfen.
Ist das ein Happy End? Jein. Das erste Jahr mit Diagnose hörte gut auf und ich hoffe und bete, dass es so weiter geht, bzw. noch besser wird. Allerdings habe ich trotzdem noch Beschwerden. Ich habe seit Februar 2020 Husten mit Auswurf und keiner weiß, wo er herkommt und ob er wieder geht. Ich habe durch diesen Husten manchmal das Gefühl nicht so ganz gut Luft zu bekommen, was gerade in Corona-Zeiten ein echt beschissenes Symptom ist, weil man schnell Angst bekommt, sich irgendwo angesteckt zu haben. Ich habe manchmal Schmerzen im Brustbereich, manchmal Bauchschmerzen, manchmal Kopfschmerzen, Schwindel, Muskelschmerzen, juckende Pusteln am Körper, Hautpilz an verschiedenen Stellen… Und natürlich muss ich weiterhin meine Kräfte sehr gut einteilen und aufpassen, dass ich mich nicht übernehme. Und keiner kann mir wirklich sagen, wo alle diese Symptome herkommen (abgesehen vom Pilz, der wohl durch die Immunsuppression verursacht ist). Aber es gibt auch viele gute Tage, an denen ich von diesem Symptomen fast nichts merke, oder sie so leicht sind, dass ich recht gut damit klarkomme. Ich bin also noch lange nicht da, wo ich gern wäre, aber ich lerne, mit der Situation klar zu kommen, damit gut umzugehen, und versuche mir meine Freude zu bewahren und dankbar zu sein. Dazu passt, zum Abschluss, perfekt dieses Gedicht, das mir aus der Seele spricht, und das ich euch nicht vorenthalten kann:
Ich übe noch
Jedem Morgen begegnen mit sanftem Mut,
den das Leben braucht, um zu wachsen,
ich übe noch.
In jedem Auge die Seele sehen,
durch alle Masken hindurch und ihr trauen,
ich übe noch.
Hinter allen Ängsten Wahrheiten finden,
mir selber glauben,
ich übe noch.
In tiefem Staunen die Schönheit atmen
des Augenblicks und des Lebens selbst,
ich übe noch.
Durch alle Narben hindurch das Glück spüren,
den Wandel erlauben, immer neu,
ich übe noch.
Sein ohne zu fragen, im Fluss des Lebens
und alles Lebendige zu schützen ohne Wenn und Aber,
ich übe noch.
Den Lebensdank groß werden lassen
und spürbar und bunt, um gehen zu können, jederzeit,
ich übe noch.
Lieben im Pulsschlag der Zeit wider alle Vernunft
mit aller Hingabe,
ich übe noch.
Sabine Rachl (aus Mirjam Schambeck, Elisabeth Wöhrle: Im Innern barfuß. Auf der Suche nach alltagstauglichem Beten.)
Mit der Lockerung der Maßnahmen kamen allerdings Kopfschmerzen zurück, wie ich sie aus der Zeit vor der Diagnose kannte. Und ebenso auch Schmerzen in den Handgelenken. Nach Rücksprache mit meinem Arzt erhöhte ich kurzzeitig die Cortison-Dosis. Da sich allerdings nichts veränderte, bestellte er mich zur Blutabnahme. In dieser Zeit hatte ich zusätzlich seit ein paar Wochen zum ersten Mal wieder das Gefühl nicht ganz so gut Atmen zu können. Trotzdem legte ich in meinem Sportprogramm noch eins obendrauf. Ein Zahnarzt- und Friseur-Termin standen in dieser Woche außerdem an. Am Pfingstsonntag bekam ich plötzlich Fieber. Ich telefonierte mit einer Freundin aus München, die Ärztin ist, um zu fragen, ob ich ins Krankenhaus müsste… Nachdem das Fieber weiter stieg meinte sie irgendwann, es wäre besser, den ärztlichen Bereitschaftsdienst anzurufen. Schließlich kam ein voll vermummter Arzt zu uns nach Hause, hörte mich ab und meinte (obwohl er nichts verdächtiges hörte) ich solle vorsichtshalber ins Krankenhaus. Mit Verdacht auf Corona. Allerdings sollte ich nicht in Hof ins Krankenhaus, sondern in ein kleineres Krankenhaus in der Nähe, da dort alle Corona-Patienten behandelt werden würden. Diese Information stellte sich zwar später als falsch heraus, aber so kam es dazu, dass mich Benny nach Münchberg in die Notaufnahme brachte. Und dort ging das ganze Corona Prozedere los. Die Ärztin und die Schwester in der Notaufnahme waren wirklich super nett. Es stellte sich tatsächlich heraus, dass ich eine beidseitige Lungenentzündung hatte. Das CT-Bild war jedoch nicht so eindeutig, als dass man sicher von Corona ausgehen konnte. Ein Arzt kam in mein Zimmer und meinte, dass er überzeugt davon wäre, dass ich Corona hätte. Der nächste Arzt (ein Rheumatologe, sehr nett und ermutigend) kam herein und erklärte, dass er nicht glaube, dass das Corona sei. Fieber hatte ich eigentlich schon keines mehr, seitdem ich ins Krankenhaus gekommen war. Nur der Husten war plötzlich deutlich schlimmer und auch etwas schmerzhafter geworden. Auf jeden Fall ging es gleich mit Antibiotika-Infusionen los. Schließlich, nach ca 24 Stunden kam der Bescheid: Das Testergebnis war negativ. Die Nachtschwester kam freudestrahlend ohne Schutz-Kittel zu mir ins Zimmer und erzählte mir die gute Nachricht. Ich war ganz glücklich und schrieb all meinen Freunden und meiner Familie von den erfreulichen Neuigkeiten. Somit verbrachte ich eine ruhige Nacht auf der Isolierstation. Die Schwester am nächsten Morgen kam aber schon wieder in kompletter Montur in mein Zimmer. Ich fragte, ob sie wohl noch gar nicht wüsste, dass ich negativ bin. Daraufhin antwortete sie: „Doch doch, aber wir glauben dem Testergebnis nicht…“ Das war nochmal ein ziemlicher Schock für mich. Man nahm mir noch einmal Blut ab, um einen Antikörper-Test zu machen. Und dann lag ich noch einen guten Tag lang im Krankenhaus, ohne dass großartig etwas passierte. Abends erfuhr ich, dass ich am nächsten Tag entlassen werden würde. Das war natürlich eine sehr schöne Nachricht für mich. Man empfahl mir allerdings, mich in freiwillige Quarantäne zu begeben, falls ich eventuell doch Corona hätte.
So beendete ich meinen zweiten und bis dato auch letzten Krankenhaus-Aufenthalt. Ich war enorm dankbar, dass ich nur knapp 3 Tage im Krankenhaus sein musste. Das alleine Sein kann schon anstrengend werden… aber die 3 Tage schaffte ich gut und Benny „besuchte“ mich sogar einmal und stand 2 oder 3 Stockwerke unter mir, während ich am offenen Fenster war und wir miteinander telefonierten :). Einen großen Vorteil hatte die Klinik in Münchberg allerdings, nämlich dass ich eine herrliche Aussicht auf das Fichtelgebirge hatte. Das war für mich eine kleine Entschädigung und deshalb war ich auch nicht böse, dass der Arzt vom Bereitschaftsdienst mich nach Münchberg geschickt hatte.
Zuhause schonte ich mich natürlich weiterhin, freute mich allerdings sehr, dass wir die Möglichkeit hatten, unseren Hochzeitstag rechtzeitig gemeinsam mit einem leckeren Essen zu feiern. Es ging mir langsam besser und nach gut 1,5 Wochen hatte ich das Gefühl, die Lungenentzündung fast überwunden zu haben. Nach 2 Wochen fühlte ich mich dann allerdings noch einmal einen Tag etwas schlapper und hatte kurzzeitig leicht erhöhte Temperatur. Und nachdem eine Ärztin aus dem Krankenhaus gemeint hatte, ich müsste eventuell noch einmal das Antibiotika verlängern lassen, wenn es mir noch nicht gut ginge, rief ich gleich am Montag bei meiner Hausärztin an und erklärte ihr die Situation. Die sagte allerdings ich sollte gleich zum Lungenfacharzt gehen. Tatsächlich bekam ich dort schon für den nächsten Tag einen Termin, musste jedoch vorher noch ins Krankenhaus nach Münchberg fahren, um eine CD mit den CT-Aufnahmen abzuholen.
Am Dienstag beim Lungenfacharzt gab ich die CD und den Brief vom Klinikum in Münchberg bei der Anmeldung ab. Erst lief alles ganz normal und ich wurde gebeten, mich ins Wartezimmer zu setzen. Dann kam eine Arzthelfern und setzte mich in ein leeres Behandlungszimmer und meinte dabei irgendwas von „vorsichtshalber“. Schließlich kam der Arzt und erklärte mir mit großem Sicherheitsabstand, dass er sich die CT-Bilder angeschaut hätte und dass es ja doch COVID sein könnte. Er würde jetzt gleich mit seinem Kollegen im Krankenhaus telefonieren und mir eine Einweisung ausstellen. Ich war so perplex, dass ich irgendwie nicht wusste, was ich sagen sollte. Ich fragte noch, ob er mit meinem behandelnden Nephrologen im Krankenhaus telefoniert hätte, aber er erwiderte nur, dass er mit einem anderen Kollegen gesprochen hätte und dass man mich im Krankenhaus erwarten würde. Meine Argumente, dass ich nur ganz kurz 37,5 hatte und es mir gestern und heute ja auch schon besser ginge, waren wohl nicht schlagkräftig. Er meinte, dass es mit meiner Geschichte besser wäre, ins Krankenhaus zu gehen.
Also verließ ich die Arztpraxis und heulte mal wieder los. Ich rief Benny vom Auto aus an, der mich bat, nach Hause zu kommen, um dann weiter zu überlegen, was wir machen würden. Ich war ziemlich aufgebracht und wollte auf keinen Fall schon wieder ins Krankenhaus und das ganze Prozedere von vorne erleben. Und das, meines Erachtens, ohne wirklich triftigen Grund. Zuhause angekommen überlegten wir uns, meinen behandelnden Nephrologen im Krankenhaus anzurufen und ihm die Geschichte zu erzählen. Per eMail hatte ich ihm schon von meinem Krankenhaus-Aufenthalt in Münchberg berichtet und auch von den Untersuchungen, den Ergebnissen und der Therapie. Benny war so lieb den Anruf zu übernehmen, da ich etwas zu aufgebracht war :P. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich war, als der besagte Doktor meinte, dass er auch nicht der Meinung wäre, dass ich ins Krankenhaus muss. Im Gegenteil, es würde wahrscheinlich nur wieder ein CT gemacht werden, was er, ohne vorher Blutwerte zu checken u.ä., nicht empfehlen würde, um unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden. Er empfahl mir also nicht ins Krankenhaus zu gehen, sondern gab mir im Laufe der Woche einen Termin bei ihm in der Ambulanz, um meine Blutwerte zu untersuchen und mich abzuhören. Da die Blutwerte völlig unauffällig waren, wurde weiter nichts unternommen und gegen Ende dieser Woche fühlte ich mich, mit kleinen Ups and Downs, auch wieder recht fit. Ca. 1,5 Tage war ich sehr froh und der Meinung, damit alles überstanden zu haben.
Aber schon am Montag früh bemerkte ich, dass ich Durchfall hatte. Erst hoffte ich, dass ich vielleicht irgendein Essen nicht so gut vertragen hätte und die Sache schnell wieder vorbei wäre. Als sich dann allerdings am Dienstag immer noch keine Besserung einstellte, schrieb ich – mal wieder – eine eMail an meinen Nephrologen. Ich erinnerte mich, dass ich schon vor ein paar Jahren Bakterien im Darm hatte, nachdem ich einige Zeit vorher Antibiotika genommen hatte. So vereinbarten wir, dass ich gleich am nächsten Tag eine Stuhlprobe vorbei bringen könnte. Tatsächlich wurden Clostridien gefunden. Das sind Bakterien im Darm, die sich sehr oft extrem vermehren, nachdem man ein Breitband-Antibiotkum einnehmen musste. Deshalb wird oft empfohlen zusätzlich zum Antibiotika probiotische Nahrungs(ergänzungs)mittel zu nehmen. Das soll helfen, die „guten“ Darmbakterien zu unterstützen, so dass keine „bösen“ Darmbakterien die Überhand bekommen. Wie dem auch sei: das habe ich jetzt auf jeden Fall gelernt. Ich werde kein Antibiotika ohne probiotische Mittelchen mehr nehmen! Wegen der Clostridien musste ich erneut ein Antibiotikum nehmen, das allerdings ziemlich spezifisch diese Bakterien abtötet und nicht grundsätzlich alle Bakterien angreift. Und ich bin sehr dankbar, dass dieses Antibiotika tatsächlich auch schnell und effizient gewirkt hat… Diese Bakterien können nämlich sehr böse Folgen haben und im schlimmsten Fall zu einer OP führen.
In den eben beschriebenen Wochen wurden wir immer unruhiger, da uns Freunde in ein Ferienhaus in die Schweiz eingeladen hatten. Für eine Woche zum Wandern in den Bergen. Und diese Woche stand kurz bevor. Als ich dann auch noch diesen Durchfall bekam, glaubte ich eigentlich nicht mehr daran, dass wir diesen Urlaub wirklich machen können würden, geschweige denn, dass ich großartig würde wandern können. Aber nachdem das Antibiotika so schnell und gut wirkte und wir mit unseren Freunden geklärt hatten, dass wir nicht versprechen konnten, wie viel und weit ich wandern können würde, fuhren wir mutig in die Schweiz. Zu dieser Zeit waren die Corona-Zahlen sehr niedrig und wir wussten, dass wir nur unsere Freunde treffen würden, weshalb wir in dieser Hinsicht keine Bedenken hatten.
Ich bin so dankbar, dass wir uns nicht von diesem Urlaub abbringen ließen. Die Woche war wunderschön. Zwei nicht wenig anspruchsvolle Bergtouren konnte ich ohne Probleme meistern. Wie immer genoss ich die Weite und Ruhe der Berge. Die majestätischen Ausblicke sog ich in mich auf und meine Seele konnte die irgendwie traumatische Zeit der letzten Wochen verarbeiten. Die sich so angefühlt hatte, als ob sie nie enden würde. Aber in diesem Moment war sie vorbei, in diesem Moment konnte ich mich entspannen, konnte ich meinen Körper sogar herausfordern. Ich konnte intensive und ermutigende Gespräche und Diskussionen führen. Und eine schöne Gemeinschaft mit leckerem selbst gekochtem Essen, Lachen und Spielen genießen. Und zusätzlich Zeit mit guten Büchern verbringen… Was will man mehr? 🙂
In den Wochen vor und während der Lungenentzündung und allen daraus folgenden Komplikationen nahm ich mir ausführlich Zeit, die ersten Blogartikel für meinen Blog zu schreiben. Die Idee dafür war mir während unserer Zeit im Ferienhaus meiner Schwiegereltern gekommen. Und erst als ich die Artikel schrieb, bemerkte ich, wie viel Freude es mir machte, meine Gedanken „zu Papier“ zu bringen. Es machte mir Spaß Worte zu finden, zu formulieren, mich auszudrücken, Gedanken zu sammeln. Auch die Namensidee für den Blog hatte ich recht schnell. Eine Freundin half mir beim Design des Logos und Schriftzugs. Benny richtete mit mir die Homepage ein und so konnte mein Blog in den Wochen nach dem herrlichen Urlaub in der Schweiz an den Start gehen.
Am Anfang war ich überrascht, dass mir sogar einige Bekannte schrieben, dass sie auch Lupus hätten. Das hatte ich nicht erwartet! Mittlerweile gibt es in meinem Bekanntenkreis allein 5 Frauen von denen ich weiß, dass sie an Lupus erkrankt sind. Drei davon an SLE. Über Instagram lernte ich natürlich noch viele weitere Menschen kennen, die mit Lupus kämpfen. Und ganz ehrlich: manchmal scrolle ich schnell weiter, wenn die Geschichten von anderen Lupus-Kämpfern zu schlimm sind. Dann bemerke ich, dass es mir zu viel wird, dass ich Angst bekomme. In solchen Momenten ist es besser, das Handy auch mal wieder weg zu legen und sich auf etwas anderes zu konzentrieren. In anderen Momenten merke ich allerdings, wie dankbar ich sein kann, dass es mir doch verhältnismäßig gut geht, wenngleich ich es immer schrecklich finde zu sehen, wie sehr Menschen leiden.
Mittlerweile fühlte ich mich wieder etwas stabiler, wobei ich nach wie vor Fatigue-Momente oder -Tage hatte. Trotzdem wollte ich gerne wieder etwas Geld verdienen, u.a. auch, weil wir es gut gebrauchen konnten. Ich bemerkte, dass der Nebenjob im Salon meiner Freundin in diesen Zeiten nicht das Richtige für mich war. Viel zu viel Kontakt mit Menschen, der mich beunruhigen würde. Auch wenn es schwer fiel mir das einzugestehen, da ich die Arbeit mit den Mädels und die Stimmung im Salon extrem genossen hatte.
Also dachte ich über eine Arbeit nach, bei der ich flexibel arbeiten konnte, ohne Stundendruck, am Besten ohne festgelegte Zeiten. Mir fiel eine andere Freundin ein, die eine kleine aber feine Textilmanufaktur betreibt, in der es u.a. super schöne Decken und Kissen zu kaufen gibt. Zudem liegt ihr Nachhaltigkeit und Fairness sehr am Herzen – zwei Themen, die auch mir ein großes Anliegen sind. Wir vereinbarten also, dass ich auf geringfügiger Basis bei ihr anfange und so viel arbeite, wie ich eben schaffe. Zusätzlich bekam ich noch das Angebot im Rahmen eines Mehrgenerationenhauses einen Computerkurs für Senioren anzubieten. Im September fing ich bei meiner Freundin Lisa an und der Computerkurs sollte im Oktober losgehen. Leider fiel das wegen Corona flach. Im November wurde ich dann allerdings gebeten 2 Videos pro Monat zu drehen, in denen ich Senioren irgendetwas erkläre, was sie mit dem Internet sinnvolles machen können. Bei Lisa arbeite ich hauptsächlich von Zuhause aus, was für mich sehr schön ist, weil ich so ganz leicht nur ganz wenige Stunden an einem Tag arbeiten kann, oder mal eine längere Pause machen kann, mich hinlegen und ausruhen kann, wenn es mir zwischendurch nicht so gut geht. So helfe ich den firmeneigenen Onlineshop und andere Shop-Portale zu pflegen (zB Etsy), Newsletter zu schreiben, andere Werbetexte zu verfassen und unterstütze bei der Social-Media-Arbeit. Außerdem helfe ich einmal im Monat vor Ort bei der Buchhaltung.
Fortsetzung folgt… 🙂
Das Beitragsbild ist vom wunderbaren @baer_lukas .
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