Rückblick: Das erste Jahr mit Diagnose

Teil 2/3

Mit der Lockerung der Maßnahmen kamen allerdings Kopfschmerzen zurück, wie ich sie aus der Zeit vor der Diagnose kannte. Und ebenso auch Schmerzen in den Handgelenken. Nach Rücksprache mit meinem Arzt erhöhte ich kurzzeitig die Cortison-Dosis. Da sich allerdings nichts veränderte, bestellte er mich zur Blutabnahme. In dieser Zeit hatte ich zusätzlich seit ein paar Wochen zum ersten Mal wieder das Gefühl nicht ganz so gut Atmen zu können. Trotzdem legte ich in meinem Sportprogramm noch eins obendrauf. Ein Zahnarzt- und Friseur-Termin standen in dieser Woche außerdem an. Am Pfingstsonntag bekam ich plötzlich Fieber. Ich telefonierte mit einer Freundin aus München, die Ärztin ist, um zu fragen, ob ich ins Krankenhaus müsste… Nachdem das Fieber weiter stieg meinte sie irgendwann, es wäre besser, den ärztlichen Bereitschaftsdienst anzurufen. Schließlich kam ein voll vermummter Arzt zu uns nach Hause, hörte mich ab und meinte (obwohl er nichts verdächtiges hörte) ich solle vorsichtshalber ins Krankenhaus. Mit Verdacht auf Corona. Allerdings sollte ich nicht in Hof ins Krankenhaus, sondern in ein kleineres Krankenhaus in der Nähe, da dort alle Corona-Patienten behandelt werden würden. Diese Information stellte sich zwar später als falsch heraus, aber so kam es dazu, dass mich Benny nach Münchberg in die Notaufnahme brachte. Und dort ging das ganze Corona Prozedere los. Die Ärztin und die Schwester in der Notaufnahme waren wirklich super nett. Es stellte sich tatsächlich heraus, dass ich eine beidseitige Lungenentzündung hatte. Das CT-Bild war jedoch nicht so eindeutig, als dass man sicher von Corona ausgehen konnte. Ein Arzt kam in mein Zimmer und meinte, dass er überzeugt davon wäre, dass ich Corona hätte. Der nächste Arzt (ein Rheumatologe, sehr nett und ermutigend) kam herein und erklärte, dass er nicht glaube, dass das Corona sei. Fieber hatte ich eigentlich schon keines mehr, seitdem ich ins Krankenhaus gekommen war. Nur der Husten war plötzlich deutlich schlimmer und auch etwas schmerzhafter geworden. Auf jeden Fall ging es gleich mit Antibiotika-Infusionen los. Schließlich, nach ca 24 Stunden kam der Bescheid: Das Testergebnis war negativ. Die Nachtschwester kam freudestrahlend ohne Schutz-Kittel zu mir ins Zimmer und erzählte mir die gute Nachricht. Ich war ganz glücklich und schrieb all meinen Freunden und meiner Familie von den erfreulichen Neuigkeiten. Somit verbrachte ich eine ruhige Nacht auf der Isolierstation. Die Schwester am nächsten Morgen kam aber schon wieder in kompletter Montur in mein Zimmer. Ich fragte, ob sie wohl noch gar nicht wüsste, dass ich negativ bin. Daraufhin antwortete sie: „Doch doch, aber wir glauben dem Testergebnis nicht…“ Das war nochmal ein ziemlicher Schock für mich. Man nahm mir noch einmal Blut ab, um einen Antikörper-Test zu machen. Und dann lag ich noch einen guten Tag lang im Krankenhaus, ohne dass großartig etwas passierte. Abends erfuhr ich, dass ich am nächsten Tag entlassen werden würde. Das war natürlich eine sehr schöne Nachricht für mich. Man empfahl mir allerdings, mich in freiwillige Quarantäne zu begeben, falls ich eventuell doch Corona hätte.

So beendete ich meinen zweiten und bis dato auch letzten Krankenhaus-Aufenthalt. Ich war enorm dankbar, dass ich nur knapp 3 Tage im Krankenhaus sein musste. Das alleine Sein kann schon anstrengend werden… aber die 3 Tage schaffte ich gut und Benny „besuchte“ mich sogar einmal und stand 2 oder 3 Stockwerke unter mir, während ich am offenen Fenster war und wir miteinander telefonierten :). Einen großen Vorteil hatte die Klinik in Münchberg allerdings, nämlich dass ich eine herrliche Aussicht auf das Fichtelgebirge hatte. Das war für mich eine kleine Entschädigung und deshalb war ich auch nicht böse, dass der Arzt vom Bereitschaftsdienst mich nach Münchberg geschickt hatte.

Zuhause schonte ich mich natürlich weiterhin, freute mich allerdings sehr, dass wir die Möglichkeit hatten, unseren Hochzeitstag rechtzeitig gemeinsam mit einem leckeren Essen zu feiern. Es ging mir langsam besser und nach gut 1,5 Wochen hatte ich das Gefühl, die Lungenentzündung fast überwunden zu haben. Nach 2 Wochen fühlte ich mich dann allerdings noch einmal einen Tag etwas schlapper und hatte kurzzeitig leicht erhöhte Temperatur. Und nachdem eine Ärztin aus dem Krankenhaus gemeint hatte, ich müsste eventuell noch einmal das Antibiotika verlängern lassen, wenn es mir noch nicht gut ginge, rief ich gleich am Montag bei meiner Hausärztin an und erklärte ihr die Situation. Die sagte allerdings ich sollte gleich zum Lungenfacharzt gehen. Tatsächlich bekam ich dort schon für den nächsten Tag einen Termin, musste jedoch vorher noch ins Krankenhaus nach Münchberg fahren, um eine CD mit den CT-Aufnahmen abzuholen.

Am Dienstag beim Lungenfacharzt gab ich die CD und den Brief vom Klinikum in Münchberg bei der Anmeldung ab. Erst lief alles ganz normal und ich wurde gebeten, mich ins Wartezimmer zu setzen. Dann kam eine Arzthelfern und setzte mich in ein leeres Behandlungszimmer und meinte dabei irgendwas von „vorsichtshalber“. Schließlich kam der Arzt und erklärte mir mit großem Sicherheitsabstand, dass er sich die CT-Bilder angeschaut hätte und dass es ja doch COVID sein könnte. Er würde jetzt gleich mit seinem Kollegen im Krankenhaus telefonieren und mir eine Einweisung ausstellen. Ich war so perplex, dass ich irgendwie nicht wusste, was ich sagen sollte. Ich fragte noch, ob er mit meinem behandelnden Nephrologen im Krankenhaus telefoniert hätte, aber er erwiderte nur, dass er mit einem anderen Kollegen gesprochen hätte und dass man mich im Krankenhaus erwarten würde. Meine Argumente, dass ich nur ganz kurz 37,5 hatte und es mir gestern und heute ja auch schon besser ginge, waren wohl nicht schlagkräftig. Er meinte, dass es mit meiner Geschichte besser wäre, ins Krankenhaus zu gehen.

Also verließ ich die Arztpraxis und heulte mal wieder los. Ich rief Benny vom Auto aus an, der mich bat, nach Hause zu kommen, um dann weiter zu überlegen, was wir machen würden. Ich war ziemlich aufgebracht und wollte auf keinen Fall schon wieder ins Krankenhaus und das ganze Prozedere von vorne erleben. Und das, meines Erachtens, ohne wirklich triftigen Grund. Zuhause angekommen überlegten wir uns, meinen behandelnden Nephrologen im Krankenhaus anzurufen und ihm die Geschichte zu erzählen. Per eMail hatte ich ihm schon von meinem Krankenhaus-Aufenthalt in Münchberg berichtet und auch von den Untersuchungen, den Ergebnissen und der Therapie. Benny war so lieb den Anruf zu übernehmen, da ich etwas zu aufgebracht war :P. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie erleichtert ich war, als der besagte Doktor meinte, dass er auch nicht der Meinung wäre, dass ich ins Krankenhaus muss. Im Gegenteil, es würde wahrscheinlich nur wieder ein CT gemacht werden, was er, ohne vorher Blutwerte zu checken u.ä., nicht empfehlen würde, um unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden. Er empfahl mir also nicht ins Krankenhaus zu gehen, sondern gab mir im Laufe der Woche einen Termin bei ihm in der Ambulanz, um meine Blutwerte zu untersuchen und mich abzuhören. Da die Blutwerte völlig unauffällig waren, wurde weiter nichts unternommen und gegen Ende dieser Woche fühlte ich mich, mit kleinen Ups and Downs, auch wieder recht fit. Ca. 1,5 Tage war ich sehr froh und der Meinung, damit alles überstanden zu haben.

Aber schon am Montag früh bemerkte ich, dass ich Durchfall hatte. Erst hoffte ich, dass ich vielleicht irgendein Essen nicht so gut vertragen hätte und die Sache schnell wieder vorbei wäre. Als sich dann allerdings am Dienstag immer noch keine Besserung einstellte, schrieb ich – mal wieder – eine eMail an meinen Nephrologen. Ich erinnerte mich, dass ich schon vor ein paar Jahren Bakterien im Darm hatte, nachdem ich einige Zeit vorher Antibiotika genommen hatte. So vereinbarten wir, dass ich gleich am nächsten Tag eine Stuhlprobe vorbei bringen könnte. Tatsächlich wurden Clostridien gefunden. Das sind Bakterien im Darm, die sich sehr oft extrem vermehren, nachdem man ein Breitband-Antibiotkum einnehmen musste. Deshalb wird oft empfohlen zusätzlich zum Antibiotika probiotische Nahrungs(ergänzungs)mittel zu nehmen. Das soll helfen, die „guten“ Darmbakterien zu unterstützen, so dass keine „bösen“ Darmbakterien die Überhand bekommen. Wie dem auch sei: das habe ich jetzt auf jeden Fall gelernt. Ich werde kein Antibiotika ohne probiotische Mittelchen mehr nehmen! Wegen der Clostridien musste ich erneut ein Antibiotikum nehmen, das allerdings ziemlich spezifisch diese Bakterien abtötet und nicht grundsätzlich alle Bakterien angreift. Und ich bin sehr dankbar, dass dieses Antibiotika tatsächlich auch schnell und effizient gewirkt hat… Diese Bakterien können nämlich sehr böse Folgen haben und im schlimmsten Fall zu einer OP führen.

In den eben beschriebenen Wochen wurden wir immer unruhiger, da uns Freunde in ein Ferienhaus in die Schweiz eingeladen hatten. Für eine Woche zum Wandern in den Bergen. Und diese Woche stand kurz bevor. Als ich dann auch noch diesen Durchfall bekam, glaubte ich eigentlich nicht mehr daran, dass wir diesen Urlaub wirklich machen können würden, geschweige denn, dass ich großartig würde wandern können. Aber nachdem das Antibiotika so schnell und gut wirkte und wir mit unseren Freunden geklärt hatten, dass wir nicht versprechen konnten, wie viel und weit ich wandern können würde, fuhren wir mutig in die Schweiz. Zu dieser Zeit waren die Corona-Zahlen sehr niedrig und wir wussten, dass wir nur unsere Freunde treffen würden, weshalb wir in dieser Hinsicht keine Bedenken hatten.

Ich bin so dankbar, dass wir uns nicht von diesem Urlaub abbringen ließen. Die Woche war wunderschön. Zwei nicht wenig anspruchsvolle Bergtouren konnte ich ohne Probleme meistern. Wie immer genoss ich die Weite und Ruhe der Berge. Die majestätischen Ausblicke sog ich in mich auf und meine Seele konnte die irgendwie traumatische Zeit der letzten Wochen verarbeiten. Die sich so angefühlt hatte, als ob sie nie enden würde. Aber in diesem Moment war sie vorbei, in diesem Moment konnte ich mich entspannen, konnte ich meinen Körper sogar herausfordern. Ich konnte intensive und ermutigende Gespräche und Diskussionen führen. Und eine schöne Gemeinschaft mit leckerem selbst gekochtem Essen, Lachen und Spielen genießen. Und zusätzlich Zeit mit guten Büchern verbringen… Was will man mehr? 🙂

Die Schweizer Alpen genießen.

In den Wochen vor und während der Lungenentzündung und allen daraus folgenden Komplikationen nahm ich mir ausführlich Zeit, die ersten Blogartikel für meinen Blog zu schreiben. Die Idee dafür war mir während unserer Zeit im Ferienhaus meiner Schwiegereltern gekommen. Und erst als ich die Artikel schrieb, bemerkte ich, wie viel Freude es mir machte, meine Gedanken „zu Papier“ zu bringen. Es machte mir Spaß Worte zu finden, zu formulieren, mich auszudrücken, Gedanken zu sammeln. Auch die Namensidee für den Blog hatte ich recht schnell. Eine Freundin half mir beim Design des Logos und Schriftzugs. Benny richtete mit mir die Homepage ein und so konnte mein Blog in den Wochen nach dem herrlichen Urlaub in der Schweiz an den Start gehen.

Am Anfang war ich überrascht, dass mir sogar einige Bekannte schrieben, dass sie auch Lupus hätten. Das hatte ich nicht erwartet! Mittlerweile gibt es in meinem Bekanntenkreis allein 5 Frauen von denen ich weiß, dass sie an Lupus erkrankt sind. Drei davon an SLE. Über Instagram lernte ich natürlich noch viele weitere Menschen kennen, die mit Lupus kämpfen. Und ganz ehrlich: manchmal scrolle ich schnell weiter, wenn die Geschichten von anderen Lupus-Kämpfern zu schlimm sind. Dann bemerke ich, dass es mir zu viel wird, dass ich Angst bekomme. In solchen Momenten ist es besser, das Handy auch mal wieder weg zu legen und sich auf etwas anderes zu konzentrieren. In anderen Momenten merke ich allerdings, wie dankbar ich sein kann, dass es mir doch verhältnismäßig gut geht, wenngleich ich es immer schrecklich finde zu sehen, wie sehr Menschen leiden.

Mittlerweile fühlte ich mich wieder etwas stabiler, wobei ich nach wie vor Fatigue-Momente oder -Tage hatte. Trotzdem wollte ich gerne wieder etwas Geld verdienen, u.a. auch, weil wir es gut gebrauchen konnten. Ich bemerkte, dass der Nebenjob im Salon meiner Freundin in diesen Zeiten nicht das Richtige für mich war. Viel zu viel Kontakt mit Menschen, der mich beunruhigen würde. Auch wenn es schwer fiel mir das einzugestehen, da ich die Arbeit mit den Mädels und die Stimmung im Salon extrem genossen hatte.

Also dachte ich über eine Arbeit nach, bei der ich flexibel arbeiten konnte, ohne Stundendruck, am Besten ohne festgelegte Zeiten. Mir fiel eine andere Freundin ein, die eine kleine aber feine Textilmanufaktur betreibt, in der es u.a. super schöne Decken und Kissen zu kaufen gibt. Zudem liegt ihr Nachhaltigkeit und Fairness sehr am Herzen – zwei Themen, die auch mir ein großes Anliegen sind. Wir vereinbarten also, dass ich auf geringfügiger Basis bei ihr anfange und so viel arbeite, wie ich eben schaffe. Zusätzlich bekam ich noch das Angebot im Rahmen eines Mehrgenerationenhauses einen Computerkurs für Senioren anzubieten. Im September fing ich bei meiner Freundin Lisa an und der Computerkurs sollte im Oktober losgehen. Leider fiel das wegen Corona flach. Im November wurde ich dann allerdings gebeten 2 Videos pro Monat zu drehen, in denen ich Senioren irgendetwas erkläre, was sie mit dem Internet sinnvolles machen können. Bei Lisa arbeite ich hauptsächlich von Zuhause aus, was für mich sehr schön ist, weil ich so ganz leicht nur ganz wenige Stunden an einem Tag arbeiten kann, oder mal eine längere Pause machen kann, mich hinlegen und ausruhen kann, wenn es mir zwischendurch nicht so gut geht. So helfe ich den firmeneigenen Onlineshop und andere Shop-Portale zu pflegen (zB Etsy), Newsletter zu schreiben, andere Werbetexte zu verfassen und unterstütze bei der Social-Media-Arbeit. Außerdem helfe ich einmal im Monat vor Ort bei der Buchhaltung.

Fortsetzung folgt… 🙂

Das Beitragsbild ist vom wunderbaren @baer_lukas .

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Rückblick: Das erste Jahr mit der Diagnose

(Teil 1/3)

Hätte mir jemand während meiner Zeit im Krankenhaus im Dezember 2019 erzählt, wie mein kommendes Jahr so aussehen würde – puh, keine Ahnung, was dann passiert wäre. Ich bin auf jeden Fall froh, dass man nicht in die Zukunft schauen kann! Leben wir einfach Tag für Tag. Freuen wir uns, seien wir dankbar, lieben wir, lachen wir – oder eben: überleben wir, halten wir durch und weinen wir. Alles zu seiner Zeit.

Nicht, dass mein letzten Jahr extrem tragisch war. Ich habe unglaublich viele wunderschöne Momente erlebt und bin für vieles so dankbar! Aber es gab auch sehr viele herausfordernde Situationen und Tage oder Wochen, von denen ich einfach ungern vorher gewusst hätte…

Ich hatte schon öfter erwähnt, dass ich mit der schönen Überzeugung aus dem Krankenhaus kam, dass es mir binnen 4 Wochen wieder gut gehen würde und mein Leben im Prinzip wie bisher weitergehen könnte. Allerdings lernte ich schon bald die Auswirkungen von Fatigue (eine Art unerklärlicher (chronischer) Schlappheit, Schwäche und/oder Müdigkeit) kennen. Auch wenn ich erst im Juni erfuhr, dass das, was ich erlebe, so heißt.

Mir ging es häufig recht gut, auch direkt nach dem Krankenhaus, so dass ich langsam wieder begann Sport zu machen, um meine Muskulatur aufzubauen. Das hatten mir meine Ärzte auch dringend empfohlen. Sanfter Muskelaufbau und viel Spazierengehen sollte meine Divise sein. Meistens funktionierte das auch sehr gut. Oft freute ich mich, wenn ich, seit dem Krankenhaus, etwas wieder zum ersten Mal geschafft hatte. Z.B. einen kleinen Berg erwandern, einige Kilometer weit laufen usw usw. Trotzdem merkte ich, dass ich immer wieder ganz plötzlich sehr schlapp wurde und mich dann hinlegen und ausruhen musste. Diese Situationen wurden leider auch nicht wirklich weniger. Als ich mit meinem Arzt darüber sprach, erwähnte er andere Patienten von ihm, die das ähnlich erlebt hätten und bei denen sich nach ca. 6 Monaten alles wieder normalisiert hätte. Ich hoffte allerdings auf eine schnellere Besserung. Ende Januar fing ich wieder an zu arbeiten. Neben meinem Musiker-Dasein und meinem Studium hatte ich noch einen Nebenjob auf 450€ Basis. Ich arbeitete im Salon meiner Freundin an der Rezeption, machte also Termine aus, nahm Telefonanrufe entgegen, und half ihr außerdem bei der Gestaltung ihrer Homepage. Ich designte Flyer und Terminkärtchen für den Salon, schrieb Newsletter, half im Verwaltungsbereich und bei anderen organisatorischen Aufgaben.

Anfang Februar sang ich sogar noch einmal bei einem Konzert einer meiner Bands mit. Ich bemerkte schon, dass ich etwas langsam machen musste und dass ich mich nach allem, was ich tat, länger ausruhen musste, um mich wieder zu regenerieren. Trotzdem versuchte ich, langsam wieder ein Stück Normalität in mein Leben zu bekommen. Ich organisierte den Rahmen eines Gottesdienstes mit anschließender Feier für meinen Papa, der damit in seine „Rentenzeit“ entlassen wurde. Da er evangelischer Pfarrer ist, geschieht das üblicher Weise mit einem Gottesdienst. Dank vieler Freunde und Helfer und dank meines Mannes, der versuchte mir so viel körperliche Arbeit wie möglich abzunehmen und der mich, sofort nachdem die Feier halbwegs vorbei war, nach Hause schickte und mir verbot beim Aufräumen zu helfen, habe ich diese Aktionen recht gut überstanden. Allerdings bemerkte ich, dass meine Stimme sich weiter verschlechterte. Deshalb wollte ich so schnell wie möglich mit der neuen Diagnose noch einmal zu meiner Phoniaterin (eine auf Stimme spezialisierte HNO-Ärztin). Tatsächlich bekam ich innerhalb von 3 Tagen einen Termin. Und zwar einen der letzten Termine, bevor diese Ärztin in Rente ging.

Es war Ende Februar und die Organisation der Feier vom letzten Wochenende hatte mich wohl doch etwas mehr mitgenommen, als beabsichtigt. Ich fühlte mich schon leicht schlapp, hatte plötzlich Husten und die Aussage der Phoniaterin gab mir wahrscheinlich gar den Rest: „Ja, kein Wunder, dass Ihre Stimme da nicht mehr mit macht. Ihr Körper hat ja überhaupt keine Kraft, um Regenerationsarbeit in die Stimme zu legen. Er ist da an anderen Stellen genug ausgelastet. Keine Ahnung, ob Ihre Stimme irgendwann wieder gut wird. Aber, doch, ich glaube das schon. Aber das braucht Zeit. Ich würde sagen, dass Sie Ihrer Stimme schon mindestens ein Jahr geben müssen, um sich zu erholen.“

Bähm. Das saß. Wenn ich eines gehofft hatte, dann, dass durch diese Diagnose und die entsprechende Therapie auch meine Stimme wieder auf die Beine kommt. Ich hab natürlich erst mal geheult. Und nachdem es mir gar nicht gut ging, bin auch nicht zur Arbeit gegangen. Vor ein paar Wochen erst angefangen zu arbeiten, schon war ich wieder krank :/. Die Hausärztin schrieb mich am nächsten Tag gleich eine Woche krank. Fieber hatte ich, Gott sei Dank, keines. Allerdings hatte ich am selben Tag noch einen weiteren Arzttermin. Ich wollte ja gerne noch Zweitmeinungen einholen, also hatte ich einen Termin bei einem anderen Nephrologen ausgemacht. Ich brachte ihm meine sämtlichen Arztbriefe und Diagnosen mit. Er war sehr nett und nahm sich extrem viel Zeit, um meinem Mann und mir noch mal alles zu erklären. Erst in diesem Moment verstand ich wohl so richtig, wie ernst die Situation eigentlich war, und wie dankbar ich sein konnte, dass meine verhältnismäßig harmlosen Medikamente so gut wirkten. Dieser Nephrologe z.B. hätte mich mit Cyclophosphamid, einer Chemotherapie, behandelt. Das ist eine andere Therapie-Möglichkeit für Lupus Nephritis, die allerdings wesentlich stärker ist und somit natürlich auch heftigere Nebenwirkungen hat. Er erklärte uns, dass er grundsätzlich mein Medikament nicht mehr einsetzte, nachdem einmal eine junge Patientin gestorben war, die er „nur“ mit MMF behandelt hatte. Er meinte, ich könnte sehr froh sein, dass meine Blutwerte schon so viel besser wären.

Auch diese Informationen musste ich verarbeiten. Die Erkenntnis über die Schwere der Krankheit musste sich setzen, bzw. auch die Dankbarkeit, dass meine „leichteren“ Medikamente wirkten.

Eine Woche später arbeitete ich noch genau einen Tag. Schon an diesem Tag sagte eine Kollegin von mir, dass sie es eigentlich nicht gut fände, dass ich noch arbeite, da ich wegen diesem neuen Corona-Virus vorsichtig sein solle.

Bis dahin hatte ich mir tatsächlich kaum Gedanken wegen diesem Virus gemacht. Außer, dass ich nicht zu einem Konzert gegangen war, für das ich schon Karten gekauft hatte. Davon hatte meine Ärztin mir abgeraten. Schon im Krankenhaus hatte man mich vor großen Menschenmengen gewarnt und vor kranken Familienmitgliedern und Freunden. Ich sollte kranke Menschen lieber nicht besuchen, da wegen meiner Medikamente auch eine Grippe sehr gefährlich für mich sein könnte…

Ich war bisher eher ein Mensch gewesen, der sich keine Sorgen gemacht hatte, sich mit irgendetwas bei irgendwem anzustecken. Seit den Warnungen war ich definitiv etwas vorsichtiger und wollte ja auch verantwortungsvoll mit der Situation umgehen. Aber diese großen Hypes um irgendwelche neuartigen Viren hatte ich bis zu diesem Moment nicht weiter ernst genommen. Ich fand das immer eher übertrieben.

Und dann kam dieser besagte Montag, der 9. März. Zum ersten Mal bat mich auch meine Familie, nicht mehr arbeiten zu gehen. Am Abend rief mich meine Freundin, die ja auch meine Chefin war, an. Sie ist Italienerin und hatte die Nachrichten aus Italien gesehen. Sie sagte mir, ich solle mich krank schreiben lassen, sie mache sich riesige Sorgen. Aber so leicht war das Krankschreibenlassen in diesem Moment nicht. Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit der Arzthelferin, die meinte, dass sie doch jetzt nicht jeden krank schreiben könnte, nur weil die Leute Angst hätten. Die Ärztin hat mich dann aber, Gott sei Dank, ohne Widerrede krank geschrieben.

Und ab diesem Zeitpunkt kam die Panik dann langsam auch bei mir an. Ich war zusätzlich sehr beunruhigt, weil wir in einer WG lebten und ich ja nicht beeinflussen konnte, mit wem und mit wie vielen Menschen unsere Mitbewohnerin sich traf. Dann hatten wir allerdings die Idee, die ersten Wochen des Lockdowns im Ferienhaus von meinen Schwiegereltern zu verbringen. Das liegt im schönen Frankenwald.

In den ersten 2 Wochen in unserem neuen Domizil hatte ich noch 2 Arzttermine zu absolvieren. Der erste Termin war bei einem Lungenspezialisten, da der Husten nicht mehr aufhörte, und ich seit meiner Zeit im Krankenhaus immer mal wieder leichte Schmerzen im Lungenbereich hatte. Außerdem hatte ich häufig das Gefühl nicht ganz so gut Luft zu bekommen (was mich in den ersten Wochen nach meiner Entlassung auch 2x in die Notaufnahme getrieben hatte). Dieser Arztbesuch war meine erste Begegnung mit der „neuen Corona-Welt“… Benny hatte mich bisher bei allen Arztterminen begleitet und durfte nun nicht mehr mit in die Praxis. Das Praxispersonal trug Masken und ich durfte immer nur an den Tresen kommen, um meine Karte hinzulegen, oder um Papierkram entgegenzunehmen, wenn die Dame hinter dem Tresen einige Schritte zurück getreten war. Ein seltsames Gefühl, das bald neue Realität werden sollte. Nichtsdestotrotz gab es gute Neuigkeiten. Mit meiner Lunge war alles in Ordnung, Lungenfunktion ganz normal. Das beruhigte mich sehr. Auch wenn ich nicht wusste, woher meine Probleme denn dann kamen, war es ungemein erleichternd, dass meine Lunge auf jeden Fall nicht das Problem war. So traute ich mich zum ersten Mal wieder etwas längere und anspruchsvollere Wanderungen zu unternehmen. 🙂

Foto von einer unserer Wanderungen im schönen Frankenwald.

Der zweite Termin war bei einem Lupus-Spezialisten in Dresden, bei dem ich mir ebenfalls eine Zweitmeinung einholen wollte – diesmal ein Rheumatologe. Hier bekam ich zum ersten Mal eine Maske, bevor ich die Praxisräume betreten durfte. Dr. Aringer war sehr nett und nahm sich ausführlich Zeit für mich. Ich nahm unser Gespräch auf (natürlich hatte ich um Erlaubnis gefragt), um es mit Benny im Nachhinein noch einmal anhören zu können. Dr Aringer beruhigte mich mit seiner zuversichtlichen Art und meinte, dass meine Schmerzen und Luftprobleme vom Rücken kämen. Er zeigte mir Übungen, die helfen sollten. Außerdem empfahl er mir, wieder mit dem Joggen anzufangen. Auf diese Aufforderung eines Arztes hatte ich eigentlich nur gewartet ;). So fuhren wir wieder nach Hause und ich war überglücklich.

Ich konnte es kaum er warten, mit der ersten kleinen Runde loszulegen. Seit Oktober zum ersten mal wieder zu joggen war ein wunderschönes Erlebnis – auch wenn ich bemerkte, dass die kleine Runde schon anstrengend genug war. Die zweite Runde war einen Tick größer und ging etwas besser. Schon bald konnte ich die kleinere Variante meiner Lieblingslaufrunde schaffen, fühlte mich wesentlich fitter und hatte, abgesehen vom Husten, kaum noch Schmerzen oder Probleme. Ich ging fest davon aus, dass es von jetzt an aufwärts gehen würde.

In der Zwischenzeit waren wir wieder Zuhause. Die Zeit im „Outback“ hatten wir sehr genossen. Die Nähe zur Natur, die Ruhe, die vielen Spaziergänge und Wanderungen hatten meinem Körper und meiner Seele gut getan. Zurück in der Stadt und in unserer WG war auch alles in Ordnung, da man sich sowieso mit niemandem treffen durfte und die Zahlen weiter nach unten gingen. Die Angst vor einer Ansteckung wurde immer kleiner…

Fortsetzung folgt ;).

Das Beitragsbild ist vom wunderbaren @baer_lukas .

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Was bitte ist denn Lupus?

Systemischer Lupus erythematodes (SLE), kurz Lupus genannt, ist eine in Deutschland noch relativ unbekannte Krankheit. Wenn ich jemandem zum ersten Mal den Namen der Krankheit sage, werde ich normalerweise mit großen Augen gefragt: „Bitte was hast du???“

Eine große Herausforderung bei Lupus ist, dass jede und jeder Betroffene komplett unterschiedliche Symptome haben kann und auch jeder Schub, also erneuter Ausbruch, wieder ganz anders verlaufen kann. Das kann von einem Hautausschlag (im Gesicht), über Kopfschmerzen und Schwindel, Haarausfall, offenen Stellen im Mund, Pilzbefall, Muskel- und Gelenkschmerzen, bis hin zu Ängsten, Depression, (häufigem) Fieber, Wassereinlagerungen, ständiger Erschöpfung usw. alles sein!

Deshalb werde ich mich hier weniger mit einzelnen Symptomen und Auswirkungen befassen, sondern mit allgemeinen Fakten und Abläufen, die im Körper stattfinden. Mit den Hard Facts eben ;).

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Die Diagnose

Wie kam ich zu der Diagnose Systemischer Lupus Erythematodes (SLE)?

Am ersten November hatten wir noch eine gemütliche Familienfeier, bei der mein Bruder mit seiner Frau, mein Mann Benny und ich lecker für unsere Verwandtschaft aufkochten. Als ich abends ins Bett gehen wollte, stellte ich fest, dass meine Fußknöchel geschwollen waren. Erst dachte ich, dass das am nächsten Tag bestimmt wieder weg wäre – aber Pustekuchen.

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